Martin

Martin sitzt in einem Strandkorb. Er sieht sehr glücklich aus!

Martin
geb. März 1958

Mit 6 Jahren kam ich in ein Internat in München, in dem Nonnen ein strenges Regiment führten. Mir wurde dort ein strafender Gott vor Augen geführt. „Wenn du nicht brav bist, wenn du dies oder das tust…“ wurde uns ins Unterbewusstsein geredet.

Bereits mit 15 Jahren bekam ich Kontakt zu einer christlichen Jugendgruppe. Hier wurde mir Gott als liebender Vater und Jesus Christus als Freund nahegebracht. Ich entschied mich damals, diesem Gott zu vertrauen. Allerdings hatten wir zu dieser Zeit auch Sexualaufklärungsunterricht. Selbst der Lehrer, der sonst eher eine liberale Einstellung hatte, bezeichnete Homosexualität als Fehlentwicklung. Außerdem verstand ich manche Bibelstellen so, dass Homosexualität Sünde sei.

Mit 25 kam ich durch meine spätere Frau in eine strenge Pfingstgemeinde, in der Homosexualität natürlich auch als schwere Sünde bezeichnet wurde. Schließlich heiratete ich. Zur selben Zeit wurde mir jedoch auch meine homosexuelle Neigung bewusst. Zunächst betete ich verzweifelt, dass Gott mich davon frei machen solle. Ich sprach mit verschiedenen Seelsorgern, die dann meistens mit mir beteten, dass Gott mich von dieser schweren Sünde befreit. Es geschah jedoch nichts dergleichen.

Ich begann nun meine homosexuellen Empfindungen immer mehr zu verdrängen. Das schien eine Zeit lang zu funktionieren. 1994 brach dann meine Ehe endgültig auseinander. Allerdings spielte da meine Neigung zu Männern nur eine untergeordnete Rolle. Ich begann nun, mich mit meinen homosexuellen Gefühlen auseinanderzusetzen. Warum lässt Gott sie zu, wenn er sie doch als Sünde ansieht? Kann ich an einen Gott glauben, der mich nicht so akzeptiert, wie ich bin?

1997 lernte ich meinen ersten männlichen Partner kennen und zog nach Frankfurt. Dort übernahm ich die Organisten-Stelle an einer eher liberalen evangelischen Kirche, deren Pfarrer selbst homosexuell war. Ich fühlte mich jedoch dort nie so recht zu Hause.

2006 las ich eine Anzeige von Zwischenraum, einer Organisation von LGBT-Christen, mit eher konservativem und teilweise auch freikirchlichem Hintergrund. Ich wurde neugierig und begann nun alle Artikel auf dieser Internetseite zu studieren. Hier berichteten Christen, die ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht hatten, wie sie erfahren hatten, dass Gott sie mit ihrer Homo-, Bi- oder Transsexualität liebt und annimmt. Außerdem bekam ich Kontakt zur Projektgemeinde. Hier begegneten mir fröhliche und unverkrampfte Christen, und ich lernte immer mehr, dass Gott mich nicht verurteilt, sondern so annimmt, wie ich bin. Diesem Gott konnte ich wieder vertrauen und spürte dabei, wie er mir auch in Momenten des Zweifels beisteht.

Heute predige ich in der Projektgemeinde und meiner Kirchengemeinde von diesem liebenden Gott.